BKW auf Einkaufstour

von Willi Egloff 21. Februar 2018

Die BKW ist ein Firmengeflecht, dessen Mutterhaus mehrheitlich dem Kanton Bern gehört. Seit Jahren kauft es im In- und Ausland reihenweise private Ingenieurfirmen auf. Der Kanton Bern wird dadurch zum international tätigen Ingenieurkonzern.

Die Kadenz, mit welcher die BKW Firmen aufkauft, ist beeindruckend. 2016 wurden die Marcel Rieben Ingenieure AG in Liebefeld, die Frey+Gnehm Ingenieure AG in Olten, die IFB Eigenschenk Gruppe im bayrischen Deggendorf und die Lindschulte Ingenieurgesellschaft mbH mit 11 Standorten in Deutschland in den Konzern einverleibt. 2017 kamen die Grunder Ingenieure AG Burgdorf, die Darnuzer Ingenieure AG Davos, die Hinni AG Biel-Benken, die QSB Gruppe mit Sitz in Lübbecke (Nordrhein-Westfalen), die Giesen-Gillhoff-Loomans GbR in Krefeld (ebenfalls Nordrhein-Westfalen), die Firma Wald+Corbe in Hügelsheim (Baden-Württemberg), die AEP Planung und Beratung GmbH in Schwaz (Tirol) und die BPU Ingenieurunternehmung AG Burgdorf dazu. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Im laufenden Jahr geht das Firmenmonopoly fröhlich weiter: Allein im Januar 2018 wurden die Firmen Kulla, Herr + Partner in Oldenburg (Niedersachsen), Podufal-Wiehofsky in Löhne (Nordrhein-Westfalen) und die Jermann Ingenieure+Geometer AG in Arlesheim gekauft. Hält die BKW diese Kadenz durch, so kommen bis Ende Jahr bis zu 30 weitere Firmen unter das BKW-Dach.

Die BKW preist dieses Firmenkonglomerat auf ihrer Webseite als entscheidenden Marktvorteil an. «Umfassende Lösungen aus einer Hand», heisst das Schlagwort. Der gleiche Konzern plant, kontrolliert, baut und betreibt. Oder andersrum betrachtet: Der Marktvorteil besteht darin, dass die staatseigene BKW an ihren Projekten auf jeder Entwicklungsstufe mitverdient und dabei auch auf jeder Stufe die Preisgestaltung mitbestimmen kann. Das eröffnet sowohl im Hinblick auf Offerten im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens als auch in Bezug auf die Optimierung von Steuern interessante Möglichkeiten.

Diese vertikale Konzentration ist allerdings im Bereich der Vermessung keineswegs unproblematisch: Geometer und Geometerinnen haben in der Schweiz eine Reihe hoheitlicher Funktionen. Nicht die Gemeinden und Kantone führen in der Regel diese Vermessungen durch, sondern private Ingenieur-Geometerinnen und Ingenieur-Geometer. Diese müssen in einem staatlichen Register eingetragen sein und garantieren, dass sie ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung ausüben. Viele der von der BKW über die genannten Firmen eingekauften Geometerinnen und Geometer stehen in diesem Register. Wie aber können sie unabhängig sein, wenn sie für einen halbstaatlichen Stromkonzern arbeiten?

Um das an einem Beispiel zu illustrieren: Stellen wir uns vor, dass de BKW in der Gemeinde X eine elektrische Anlage bauen will, welche Einträge im Grundbuch erfordert. Das Vermessungsmandat in dieser Gemeinde X hat, wie in rund andern 80 bernischen Gemeinden auch, die Grunder Ingenieure AG. Die Verhandlungen über die geometrische Planung und die Verankerung im Grundbuch führen nun nicht etwa die BKW und die Gemeinde X, sondern die BKW mit ihrer 100%-igen Tochterfirma. Ist es wirklich realistisch, dass die Grunder Ingenieure AG in dieser Konstellation die Interessen der Gemeinde und nicht diejenigen der BKW vertritt? Und wer soll glauben, dass die BKW von dieser Gemeinde X nicht besser behandelt wird als andere Gesuchstellerinnen?

Woher eigentlich nimmt der Kanton Bern die Kompetenz, einen international tätigen Konzern zu betreiben, der sich offenbar die Verstaatlichung des Ingenieurwesens im deutschsprachigen Raum zum Unternehmensziel gesetzt hat? In der Verfassung des Kantons Bern, welche in der amtlichen Gesetzessammlung veröffentlicht ist, steht nichts Derartiges. Gibt es denn für die BKW eine alternative Kantonsverfassung? Oder unterwandert da gerade die bürgerliche Kantonsregierung mit Hilfe der BKW-Führung den bürgerlichen Staat?