Bewerberinnen fehlen in den Männerdomänen

von Anne-Careen Stoltze 27. September 2012

Die Frauenquote kommt, doch die Stadtverwaltung hat schon heute ein Problem, Fachfrauen zu rekrutieren. Besonders für Stellen in der Informatik, im Finanz- und im Bauwesen bewerben sich kaum Frauen. 

Ein Blick in die Stadtberner Personalstatistik zeigt: In der Sozialdirektion arbeiten dreimal so viele Frauen wie Männer, aber in der Tiefbaudirektion sechsmal so viele Männer wie Frauen. Dünner gesät sind zudem Frauen im Kader. Ihr Anteil beträgt heute rund 26 Prozent. In Zukunft soll sich der Frauenanteil auf 35 Prozent erhöhen. So hat es der Stadtrat beschlossen – und damit die Verwaltung vor eine schwierige Aufgabe gestellt. Denn bereits bei der Rekrutierung zeigt sich der Frauenmangel im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. «Erfahrungsgemäss sind unsere Schwierigkeiten, Fachleute in den Bereichen Ingenieurwesen, Finanzen und Informatik zu rekrutieren, am ausgeprägtesten», sagt Roland Meyer, Generalsekretär Direktion Finanzen, Personal und Informatik. Dies betrifft die Frauen besonders. «Die Frauenquote in den einzelnen Bereichen spiegelt bis zu einem gewissen Grad wider, wie viele Frauen überhaupt die entsprechende Ausbildung eingeschlagen haben», sagt er. 

Informatikstellen seit Monaten vakant

Aktuell hat die Stadtverwaltung mehrere vakante Stellen. Unter anderem sucht sie zwei Systemspezialisten oder -spezialistinnen. Die Stelle als IC-Systemspezialist/-spezialistin konnte auch nach viermaliger Ausschreibung noch nicht besetzt werden. Ebenfalls seit Frühjahr 2012 vakant ist die Stelle als Gruppenleiter/Gruppenleiterin Support. Das liegt an einem generellen Mangel an Fachkräften beiderlei Geschlechts. «Der Anteil weiblicher Bewerbungen hängt stark von der konkret ausgeschriebenen Stelle und vom Beschäftigungsgrad ab», sagt Adrian Zingg vom Generalsekretariat der Direktion für Finanzen, Personal und Informatik. Teilzeitstellen sind demnach erwartungsgemäss beliebter bei Frauen. Insgesamt bewerben sich wenige oder gar keine Frauen auf ausgeschriebene Stellen in Zinggs Direktion.

«Für die Stelle als Steuerverwalterin bewarb sich nur eine einzige Frau.»

Adrian Zingg

Drei Beispiele aus dem Bereich Finanzen: «Rund ein Viertel der Bewerbungen für die Stelle des Finanzverwalters respektive der Finanzverwalterin kamen von Frauen, für die Stelle als Steuerverwalterin bewarb sich nur eine einzige Frau und für Stelle als Finanzplanerin stammen zirka ein Drittel der bisher eingegangenen Bewerbungen von Frauen.» Im Bereich Informatik, so Zingg weiter, könne es als Erfolg bezeichnet werden, «wenn auf zwanzig Bewerbungen eine von einer Frau stammt». Oftmals gebe es jedoch gar keine Bewerberinnen.

Tiefbaudirektion: Fünfmal mehr Männer im Kader

So sind denn auch die Bereiche Finanzen und Steuern sowie Ingenieurwesen und die Informatik weiterhin klare Männerdomänen. In der Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün teilen sich nur 119 Frauen die 94 Vollzeitstellen gegenüber 633 Männern, die sich  615 Vollzeitstellen teilen (siehe Diagramm). Dies zeigt sich auch in den Führungspositionen, wo mit 31 fünfmal so viele Männer wie Frauen anzutreffen sind. In der Finanzdirektion und in der Sicherheitsdirektion teilen sich 22 respektive 21 Männer mit jeweils 6 Frauen die führenden Positionen. 

Sozialwesen ist eine Frauendomäne

In der Sozialdirektion zeigt sich ein konträres Bild: Hier sind die 484 Männer gegenüber 1464 Frauen klar in der Minderheit.  «Die Sozialdirektion hat weniger Probleme bei der Rekrutierung», sagt Meyer, «weil Frauen in den Sozialberufen gut vertreten sind.» Allerdings arbeiten die weiblichen Angestellten in der Sozialdirektion häufiger Teilzeit als ihre männlichen Kollegen und durchschnittlich gesehen zu einem geringeren Pensum. Das ist zwar familienfreundlich, aber es kann den Aufstieg in eine Kaderposition verhindern. Trotzdem ist die Sozialdirektion die einzige Direktion, bei der die angestrebte Frauenquote von 35 Prozent schon heute übertroffen wird: 15 Frauen und 22 Männer arbeiten hier im obersten Kader.