Berner Digitaltage – «von Artifical Intelligence bis Zero Emission»

von Urs Frieden 28. September 2020

Im Hinblick auf die Berner Digitaltage vom 2. bis 3. November 2020 sprach Journal B mit Angela Brunner, Projektleiterin digitale Entwicklung bei der Stadt Bern.

Angela Brunner, was sind die Ziele der Berner Digitaltage 2020?

Angela Brunner: Gemeinsam mit zahlreichen Partnern stellen wir Chancen und Herausforderungen des digitalen Wandels ins Zentrum der Berner Digitaltage, die sich einer wachsenden Community erfreuen: Rund hundert Vertretende aus Forschung, Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung tauschen sich mit Interessierten aus. Das Online-Programm mit 45 Talks, Referaten und Workshops zeigt die grosse Themenvielfalt von Artifical Intelligence bis zu Zero Emission auf. Der digitale Wandel und der Dialog über die Zukunft von Bern als smarte Hauptstadt betreffen uns alle.

Wie unterscheidet sich Bern von den Schweizer Digitaltagen an den über 20 anderen Standorten?

Anders als die meisten anderen Standorte setzt Bern primär auf einen zweitägigen Live-Stream. Der Erlacherhof, für gewöhnlich Sitz des Stadtpräsidenten, verwandelt sich dafür in ein Studio. Vor historischer Kulisse wird live diskutiert, wo politischer Handlungsbedarf für eine nachhaltige Stadtentwicklung besteht – sei es in der Energiepolitik, bei der Förderung von Innovation, politischer Partizipation oder E-Demokratie. Uns geht es darum, neben technologischen und wirtschaftlichen Innovationen auch soziale Innovation zu fördern.

Worauf freuen Sie sich persönlich?

Besonders darüber, dass verschiedene führende Berner Medien berichten, wie man Fake News erkennt, Parlamentarier*innen über das Teilen von Daten debattieren und neben Technologie-Trends auch der Faktor Mensch und die Auswirkungen von Corona im Fokus stehen.

Wie hat sich denn Corona auf die Abwicklung ausgewirkt?

Ursprünglich hatten wir einen physischen Event in der Welle 7 geplant. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen entschieden wir uns rund zwei Monate vor der Durchführung dazu, die Berner Digitaltage neu zu konzipieren, da uns die Gesundheit der Auftretenden, des Publikums und unserer Mitarbeitenden am Herzen liegt und wir einen gesunden Dialog ermöglichen wollen. Die Neukonzeption bringt auch Vorteile: Wer einen Beitrag verpasst, kann ihn bequem später im Replay nachschauen.

Welches sind die Hauptthemen in Bern?

Zu den sechs Schwerpunktthemen gehören: Mobilität und Umwelt, Chancengleichheit und Inklusion, Bürger-Services, Partizipation, digitale Innovation und künftige Schlüsselkompetenzen.

Wieso gerade diese Themen?

Ist Künstliche Intelligenz ein Jobkiller? Wie flexibel arbeiten wir in Zukunft? Wie digital sind die älteren Menschen unterwegs? Wir wollen Ängste bezüglich digitalem Wandel frühzeitig ernstnehmen, aber auch Chancen für Bern als smarte Hauptstadt aufzeigen. Nur wer diesen Dialog im Austausch mit kreativen Köpfen erlebt, kann sich langfristig für einen nachhaltigen Wandel begeistern und gemeinsam mit Gleichgesinnten Neues wagen. Bei uns kommen daher prominente Pioniere zu Wort wie Thomas Binggeli von Thömus oder Yves Kilchenmann, Mitbegründer von Nau.ch, aber auch Start-ups, Forscherinnen und Agenturen, die den digitalen Wandel erfrischend verständlich erklären können.

Die Stadt liess bei der Ankündigung der Digitaltage verlauten, man sei auf dem Weg zur «Smart City». Was gehört da alles dazu?

Smart ist eine Stadt dann, wenn sie technologische, wirtschaftliche und soziale Innovationen nachhaltig und intelligent verbindet. Wie wird Bern zur smartesten Hauptstadt? Welches Digitalisierungspotenzial sieht die Bevölkerung? Wo liegen angesichts des Spardrucks die Prioritäten? Diese Fragen beschäftigen uns. In einem Ideen-Wettbewerb riefen  wir die Bevölkerung auf, Impulse für mutige, innovative Digitalisierungsvorhaben zu geben. Die besten Ideen werden an den Berner Digitaltagen präsentiert.

Bei allen technischen Innovationen: Wie schafft es eine Stadt, ältere Menschen, die nicht IT-affin sind, oder sozial abgehängte Menschen zu erreichen?

Ein positives Kundenerlebnis fördert oft die soziale Akzeptanz neuer Lösungen. Beispiele dafür präsentieren Partner an den Berner Digitaltagen: Ältere Personen können länger zuhause wohnen dank Smart Homes, Sehbehinderte können Kultur barrierefrei erleben dank einer App, Bildungsferne erhalten spielerisch Zugang zu komplexen Themen dank E-Learning. Und kluges Service Design erspart uns womöglich den Gang zum Schalter. Häufig merken wir gar nicht, wo uns die Digitalisierung bereits das Leben erleichtert. Das Potenzial, die Lebensqualität auch für nicht IT-Affine zu verbessern, ist meines Erachtens gross.

Gibt es auch technologie-kritische Sequenzen an den Digitaltagen oder gehts immer nur um schneller und besser?

So bunt die Themen der Berner Digitaltage sind, so bunt sind auch die Meinungen der Auftretenden und der Bevölkerung, die virtuell dabei sein kann und sich selbst eine Meinung bilden soll. Was der Ruf nach schneller und besser für die Führung und Organisationsentwicklung bedeutet, wird als eine der Herausforderungen gezielt thematisiert. Mit Digital Yoga bieten wir dem Publikum zudem die Möglichkeit, mal eine Pause im hektischen Alltag einzulegen und sich auf die Körperkraft und das Atmen zu konzentrieren. Schneller ist nicht immer besser. Aber der digitale Wandel kommt schneller als erwartet. Daher müssen wir bereits heute an morgen denken.