Bern und Ostermundigen finden langsam zueinander

von Noah Pilloud 25. Februar 2022

Die Gemeinden Ostermundigen und Bern möchten fusionieren. Grundsätzlich. Doch bis es so weit ist, müssen noch viele Debatten geführt und einige Hürden genommen werden. Was bisher geschah und wie es weiter geht.

 

Die Geschichte der Gemeindefusion von Bern und Ostermundigen beginnt im Jahr 2019. Die Geschichte von Ostermundigen als Teil einer grösseren Gemeinde allerdings, geht noch weiter zurück. Von 1834 an bildete Ostermundigen nämlich mit Bolligen und Ittigen zusammen als sogenannte «Viertelsgemeinden» die Einwohnergemeinde Bolligen.

Erst 1983 kam es zur Auflösung letzterer und Ostermundigen wurde wieder eine eigenständige Gemeinde. Eine Fusion mit Bern stand in dieser Zeit ebenfalls ein paar Mal zur Diskussion. Geäussert wurde der Wunsch immer vonseiten Ostermundigens, doch die Stadt Bern hatte damals noch kein Interesse daran.

Und da waren’s nur noch zwei

Heute zeigt die Stadt Bern grosses Interesse an Gemeindefusionen. So gab sie im Jahr 2019 gemeinsam mit den Gemeinden Ostermundigen, Bolligen, Bremgarten, Kehrsatz und Frauenkappelen eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Das Projekt lief damals noch unter dem Namen «Kooperation Bern». Journal B berichtete im Dossier «Grossbern» über die geschichtlichen Hintergründe des Projekts.

Im Februar 2020 lagen dann die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vor. In der Folge oblag es den einzelnen Gemeinden, über die Weiterführung des Projekts zu entscheiden. In Bremgarten und Bolligen entschied sich der jeweilige Gemeinderat Ende 2020 dagegen. In Kehrsatz und Frauenkappelen sprachen sich die Stimmberechtigten im März 2021 gegen das Projekt aus.

Einzig der Grosse Gemeinderat Ostermundigens und der Berner Stadtrat beschlossen, Fusionsverhandlungen aufzunehmen. Seither heisst das Projekt neu «Kooperation Ostermundigen – Bern» (KOBE). Allen Entscheiden ging ein öffentliches Konsultationsverfahren zur Machbarkeitsstudie voraus.

Genügen fünf Gemeinderäte?

Die Exekutiven der beiden Gemeinden haben also im letzten Jahr die Fusionsverhandlungen aufgenommen. Der Berner Gemeinderat tut dies in regelmässigem Austausch mit der Agglomerationskommission (AKO). Letzten November veröffentlichte er zudem die Eckpunkte der Fusionsverhandlung zur Kenntnisnahme des Stadtrats.

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Doch noch bevor der Stadtrat darüber debattieren konnte, erregten jene Eckpunkte bereits einige Gemüter. Ein Streitpunkt stellte dabei die Frage nach der politischen Repräsentation der Ostermundiger*innen dar.

Sowohl für die Exekutive wie auch die Legislative wurden verschiedene Modelle diskutiert. Aktuell besteht der Berner Gemeinderat aus fünf Mitgliedern. Damit die Bevölkerung Ostermundigens ausreichend in der Regierung der fusionierten Gemeinden vertreten ist, stand eine Erweiterung auf sieben Mitglieder zur Debatte. Ein weiteres Modell würde die Stadtregierung temporär um ein Mitglied aus Ostermundigen erweitern.

Der Gemeinderat bevorzugt jedoch jene Lösung, wonach fünf Mitglieder die Regierung bilden und eine von Ostermundigen entsendete Person bei fusionsrelevanten Geschäften Einsitz nehmen kann. Ginge es nach dem Gemeinderat, sollte auch der Stadtrat bei 80 Mitgliedern bleiben. Allerdings betrachtet der Gemeinderat in seinem Vortrag auch die Möglichkeit, den Stadtrat während einer Übergangszeit um acht Mitglieder aus Ostermundigen zu erweitern. Die Entscheidung darüber obliegt der Gemeinde Ostermundigen.

Das Korrektiv im Stadtrat

Der Kurs des Berner Gemeinderats missfiel zahlreichen Akteur*innen. So kritisierte etwa der Verein «Bern neu gründen», der sich schon lange für stärkere Kooperation mit den umliegenden Gemeinden einsetzt, die Vorschläge des Gemeinderats als «zu knapp ausgeführt». Auch die Begleitgruppe des Ostermundiger Gemeinderats – ein Gremium aus Vertreter*innen von Parteien, des lokalen Gewerbes, der Vereine und der Bevölkerung – forderte einen sechsten Gemeinderatssitz.

Die Frage um die Repräsentation Ostermundigens wurde Ende Januar auch in der Stadtratsdebatte zum Vortrag des Gemeinderats kontrovers diskutiert. Am Ende stimmte eine Mehrheit der Planungserklärung der Fraktionen SP/Juso und GB/JA zu. Die Planungserklärung erteilt dem Gemeinderat den Auftrag, eine Aufstockung auf sieben Mitglieder parallel zur Gemeindefusion vorzusehen.

Der Gemeinderat will die Frage der Fusion nicht von grösseren Umstrukturierungen überschattet wissen.

Eine Erklärung der GB/JA-Fraktion, die eine Aufstockung des Gemeinderats gleich zum Inhalt des Fusionsvertrags machen wollte, wurde hingegen abgelehnt. Dies kommt wohl auch dem Gemeinderat entgegen: In seinem Vortrag betonte er stets, nur fusionsrelevante Geschäfte in den Vertrag aufnehmen zu wollen. Grund dafür ist die geplante Volksabstimmung. Der Gemeinderat will die Frage der Fusion nicht von grösseren Umstrukturierungen überschattet wissen.

Was nun?

Die Eckpunkte des Fusionsvertrags sind also festgelegt. Ein Korrektiv von Legislative und zivilgesellschaftlichen Organisationen hat bereits stattgefunden. Nun ist wiederum die Exekutive gefordert. Bis Ende Juni soll die Rechtsgrundlage der Gemeindefusion ausgearbeitet sein. Danach beginnt ein öffentliches Vernehmlassungsverfahren.

Ende dieses Jahres hat schliesslich der Stadtrat die überarbeiteten Unterlagen und die Abstimmungsbotschaft zu genehmigen. Danach ist die Fusion bereit für die letzte Hürde: Im Juni 2023 wird die Frage, ob aus Ostermundigen und Bern künftig eine Gemeinde werden soll, an der Urne entschieden.