Melanie Mettler (GLP) ist Nationalrätin und Vize-Präsidentin der Grünliberalen Partei. Wir treffen sie im Museumsquartier. Der Museumsgarten sei einer der vielen Orte in Bern, wo Jung und Alt aus den unterschiedlichsten Lebensumständen zusammenkommen, um zu lernen und zu staunen und Spass zu haben. Das sei für sie Lebensqualität.
Am 24. November wählt die Stadtberner Stimmbevölkerung nicht nur ein neues Parlament, sondern auch eine neue Regierung. Neun Kandidat*innen wollen einen der fünf Gemeinderatssitze ergattern, nur zwei der bisherigen treten zur Wiederwahl an. Doch nicht nur deshalb verspricht der Wahlsonntag Ende November reichlich Spannung. Ein Mitte-Rechts-Bündnis hat nämlich zum grossen Angriff auf die bisherige Regierungsmehreit geblasen.
Denn seit über 30 Jahren stellt das Rot-Grün-Mitte-Bündnis die Mehrheit der Gemeinderät*innen, seit 2017 dominiert RGM das Gremium gar mit einer 4:1-Mehrheit. Um an diesem Verhältnis zu rütteln, haben sich die Parteien EVP, GLP, Die Mitte, FDP und SVP unter dem Namen «Gemeinsam für Bern» zu einem Wahlbündnis zusammengeschlossen.
Spannung verspricht auch das Rennen ums Stadtpräsidium. Die Herausforderer*innen von «Gemeinsam für Bern» bringen mit Melanie Mettler (GLP) und Janosch Weyermann (SVP) zwei ihrer Gemeinderatskandidat*innen in Position für dieses Amt. Auch die bisherige SP-Gemeinderätin Marieke Kruit will Stadtpräsidentin werden und greift damit Amtsinhaber und Bündnispartner Alec von Graffenried (GFL) an.
Soweit also die Ausgangslage. Aber wer sind die neun Kandidierenden überhaupt? Jede Woche stellen wir euch eine*n der neun Kandidat*innen vor. Wir besuchen sie an ihrem Lieblingsort in Bern und stellen allen dieselben sieben Fragen, die sie uns schriftlich beantworten. Wir wollen von ihnen wissen, was sie an Bern mögen, wo sie Probleme in der Stadtpolitik verorten und welche Vision sie für die Zukunft der Stadt haben. In unserer Serie zu den städtischen Wahlen werdet ihr ausserdem noch weitere Artikel finden. Unter anderem gehen wir der Frage nach: Nimmt das Engagement für städtische Politik ab?
Was mögen Sie besonders an der Stadt Bern?
Die Bernerinnen und Berner! Ich bin in Bern geboren und Bern ist meine Heimat. Mit fast jeder Ecke dieser Stadt verbinde ich eine Erinnerung. Das führt zu einer tiefen Verbundenheit. In jungen Jahren verbrachte ich viel Zeit im Ausland und weiss, wie es sich andernorts lebt. Die Lebensqualität in Bern ist ausserordentlich hoch. Mit dem Entscheid, in Bern zu bleiben war für mich auch klar, dass ich Verantwortung übernehmen will beim Mitgestalten der Zukunft meiner Lieblingsstadt.
Was fehlt Bern noch?
Bern darf ruhig noch selbstbewusster auftreten und weitsichtiger in die Zukunft investieren. Ich stelle fest, dass wir im Umgang mit Kanton und nationaler Ebene, aber auch mit der Wirtschaft, viel zu bieten haben, das aber oft gar nicht wahrgenommen wird. Ich wünsche mir ein bisschen mehr Mut, die Chancen zu nutzen, die sich uns bieten. Es ist die Verantwortung unserer Generation, auch der nächsten Generation Handlungsspielraum zu verschaffen, und nicht vor allem Versäumnisse und Schuldenberge zu hinterlassen.

Wie informieren Sie sich über das Geschehen in Bern?
Aus den Medien von print und online bis zu Radio und TV. Zu politischen Themen erfahre ich viel im Austausch mit Parlaments- und Regierungsmitgliedern, oder mit Verwaltungsmitarbeitenden. Weil ich inzwischen als Person mit politischer Arbeit in Verbindung gebracht werde, erzählen mir viele Bernerinnen und Berner im Gespräch oder auch nur in kurzen Begegnungen von ihren Anliegen und Ansichten. Mich interessiert es, in möglichst verschiedene Bubbles reinzusehen.
Wo hapert es in der Gemeinderatspolitik?
In der Stadt Bern herrscht seit 30 Jahren die gleiche Mehrheit. Seit einigen Jahren hat rotgrün nicht nur die absolute Macht im Parlament, sondern besetzt mit einem Wählendenanteil von 60% auch gleich 80% der Regierungssitze. Es ist klar, dass sich damit der Blick auf Bern einengt. Die Demokratie lebt aber vom Ideenwettbewerb und davon, dass eben auch Anliegen von Minderheiten einfliessen. Zudem höre ich immer wieder, dass der Politik die Wirtschaft egal sei – und wenn ich lese, dass die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft nicht einmal im Legislaturprogramm der Regierung vorkommt, dann kann ich das auch ein stückweit nachvollziehen.
Welche Direktion würden Sie am liebsten übernehmen?
Ich kandidiere fürs Stadtpräsidium, dort liegt die politische Verantwortung für die Stadtentwicklung, Wirtschafts- und Standortförderung, für die Beziehungen zu Bund, Kanton und Diplomatie, aber auch die Kultur- und Gleichstellungspolitik. Ich sehe aber in jeder Direktion spannende Gestaltungsbereiche. Die Verteilung der Direktionen wird von der Kollegialbehörde diskutiert, beschlossen und vertreten.

Was möchten Sie in den nächsten vier Jahren im Gemeinderat anstossen?
Ich bin bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen für eine ambitionierte Klima- und Verkehrspolitik und für gesunde Finanzen genauso sowie für eine starke nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft und Gewerbe. Mein politischer Antrieb sind tragfähige Lösungen. Dafür muss man überparteilich zusammenarbeiten und mit allen einen offenen Austausch pflegen. Diesen Politikansatz will ich stärker in der Stadtberner Regierung einbringen.
Wie soll Bern in 20 Jahren aussehen?
Bern ist es gelungen, so lebenswert zu bleiben wie heute! Damit auch die nächste Generation Lebensqualität und Handlungsspielraum vorfindet, ist es nun die geteilte Aufgabe von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft, den Wandel zu einer nachhaltigen Arbeits- und Lebensweise zu vollbringen. Die Bundesstadt kann ihre Chancen als Innovatorin in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft voll ausschöpfen!
