Behörden und Regen vermiesen Feste am Wochenende

von Anne-Careen Stoltze 31. Mai 2013

Veranstalter fühlen sich von den Behörden schikaniert – auch das Quartierfest auf dem Cäcilienplatz leidet unter der Regulierungswut und unter Dauerregen.

Wenn The Catamarans auftreten, wird es etwas lauter. Am Donnerstag gastierte die Indieband in der Zarbar an der Pestalozzistrasse und rief die Polizei auf den Plan. «Die Musiker haben etwas länger als erlaubt gespielt und prompt stürmten zwei Kapo-Beamte rein», sagt Barbetreiber Oliver Inäbnit. Er sei über das aggressive Auftreten der Polizisten erschrocken und erstaunt gewesen. «Einer hat sogar gedroht, wenn ich die Musik nicht sofort abstelle, würde er das Kabel durchschneiden oder mich anzeigen.» Daraufhin drehte Inäbnit den Strom ab und einige Gäste versuchten zu schlichten. Unangemessen findet Inäbnit diesen Auftritt der Beamten, denn er habe sich in keinster Weise widersetzt. «Im Gegenteil, ich halte mich an die Gesetze.»

Ab 0:30 Uhr drinnen feiern

Ärger mit der Gewerbepolizei hat Inäbnit indes nicht zum ersten Mal. Am Samstag begeht seine Bar das einjährige Bestehen – parallel zum Quartierfest auf dem benachbarten Cäcilienplatz. Bis in den frühen Morgen wollte die Zarbar mit ihren Gästen feiern, doch die Gewerbepolizei verbietet das. «Ab 0:30 Uhr müssen wir nun drinnen bleiben.» Der Grund: Es würde zu laut werden, und die Terrasse vor der Bar sei zu klein, weshalb sich die Gäste auch auf der viel befahrenen Pestalozzistrasse aufhalten müssten. Deshalb eigne sich der Vorplatz aus Sicherheitsgründen nicht für ein solches Fest, zitiert der «Bund» die Gewerbepolizei. 

«Die direkt betroffene Nachbarschaft gehört zu unseren Stammkunden.»

Oliver Inäbnit, Geschäftsführer Zarbar

Der Zarbar-Geschäftsführer kann das nicht nachvollziehen. «Die direkt betroffene Nachbarschaft gehört zu unseren Stammkunden, und sie werden bei dem Fest selbst dabei sein», sagt er. Auch ein Sicherheitsproblem kann er nicht ausmachen. Die Pestalozzistrasse ist keine Ausfallstrasse und ausser dem 6er-Bus herrscht in den Abendstunden kaum Verkehr. Dass wegen des schlechten Wetters die Gäste wahrscheinlich lieber drinnen bleiben werden, ist Inäbnit kaum ein Trost. «Es ist einfach schade: im Quartier herrscht Zustimmung, aber die Gewerbepolizei drängt sich mit ihrem Entscheid dazwischen.»

Quartierfest kennt Bewilligungsstress

Für das Quartierfest auf dem Cäcilienplatz bedeutet der Regen in diesem Jahr ein grösseres Zelt, in dem am Abend Risotto und Grilladen verspeist werden. Organisatorin Claudia Luder hilft am Vorabend beim Aufstellen. Die Präsidentin des Vereins Treffpunkt Cäcilia kennt den Stress bei den Bewilligungen. «In den letzten Jahren ist immer eine weitere Auflage dazu gekommen, immer ein neues Papier, das wir unserem Dossier beilegen mussten», sagt Luder. In diesem Jahr musste der Verein zusätzlich nachweisen, wo die Wege für die Sanität verlaufen. «Die Bewilligung für ein Quartierfest ist für den Laien schwer machbar, auch für uns der Aufwand steht nicht recht im Verhältnis», erklärt Luder. Die Beschränkung für das Fest der Zarbar findet sie «kleinlich und sehr schade». Trotzdem will Luder insgesamt die strenger gewordenen Auflagen in Bern nicht allein der Gewerbepolizei anlasten: «Die müssen ja die Gesetze und Forderungen der Politik erfüllen.» 

«Es ist besonders schade, wenn die Regulierungswut jetzt auch bei Quartierfesten zuschlägt.»

Manuel C. Widmer, GFL-Stadtrat

«Hochnotpeinlich» findet Stadtrat Manuel C. Widmer (GFL) den Zarbar-Entscheid der Gewerbepolizei. «Es ist besonders schade, wenn die Regulierungswut jetzt auch bei kleinen Quartierfesten zuschlägt und besonders für kleine Geschäfte ist das eine Tragödie», sagt der Quartierbewohner und Zarbar-Besucher. Dies sei leider nicht neu, sondern das «Weiterführen der langjährigen Praxis». Offenbar schauten die Beamten der Gewerbepolizei nur in ihre Gesetze, und befolgten sie ohne jede Verhältnismässigkeit anzuwenden, kritisiert Widmer und weist auf die nicht bewilligte Tanzdemo vom vergangenen Samstag hin. «Wer seine Party korrekt bei den Behörden beantragt, zieht am Ende vielleicht den Kürzeren.» Deshalb könne er verstehen, wenn ein Veranstalter «einfach macht, denn die Gewerbepolizei kann ja nicht alles kontrollieren». 

Markthalle: Bittere Pille zur Austrinkete 

Auch die Markthalle fühlt sich von der Gewerbepolizei schikaniert. René Huber von der Markthalle Cityhof Bern AG beklagt in der Berner Zeitung, dass zur ausverkauften Austrinkete in der bereits leergeräumten Halle nur 850 Leute eingelassen werden dürften. Dies ist unverständlich, zumal bei Parties in möbliertem Zustand mit weit über tausend Besuchern stattgefunden haben. Weder Gewerbepolizei noch die kantonale Gebäudeversicherung GBV waren für ein Statement erreichbar. Letztere entscheidet darüber, wie viele Personen an einem Anlass zulässig sind. Im vergangenen Herbst liess die GBV das Fest von Radio RaBe platzen, weil das Partylokal, das Restaurant Äussere Enge die Sicherheitsauflagen nicht erfüllte.

«Gerade bei einmaligen Anlässen fehlt mir das Verständnis, dass der Spielraum selten bis nie zu Gunsten der Nachtkultur ausgelegt wird.»

Thomas Berger, Präsident Pro Nachtleben

Daran entbrannte eine Diskussion über den Spielraum der Behörden. «Gerade bei einmaligen Anlässen fehlt mir jeweils das Verständnis, dass dieser Spielraum selten bis nie zu Gunsten der Nachtkultur ausgelegt wird», kritisiert Thomas Berger, Präsident von Pro Nachtleben. Der Jungfreisinnige bedauert den Entscheid: «Die Markthalle hätte diesen Abschluss mehr als verdient gehabt. Schade.» Auch Berger kann sich einen Seitenhieb zum Tanz-dich-frei nicht verkneifen. «Ein solcher Anlass hat nicht zu letzt deshalb einen so grossen Reiz, weil denjenigen, die legal etwas veranstalten wollen, so viele Steine in den Weg gelegt werden», vermutet er.

Absage wegen Regenmassen

Nicht die Gewerbepolizei sondern das Wetter machen den Organisatorinnen des Abstimmungsfestes auf dem Waisenhausplatz einen Strich durch die Rechnung. Auf Facebook schreibt Christa Ammann (AL): «10 Grad und Regen sind ein Klima, dass uns nicht wirklich behagt und uns lediglich in unnötige finanzielle Ausgaben stürzen würde. Ist zwar schade, aber unvermeidlich.» Das Fest soll im grösseren Rahmen nach den Sommerferien nachgeholt werden, verspricht die Stadträtin.