Ein Bild: Sie wendet den Kopf vom gezackten Messer. Dabei ist nicht sicher, ob sie es überhaupt wahrnimmt und als Bedrohung empfindet, wie es der Bildtitel sagt. Aber der Blick der Frau, ihre Haltung, das starke Orange signalisieren Gefahr. In den Andeutungen, im gefühlt Unfertigen des Bildes liegen die Ursprünge von Geschichten. Die Betrachtenden erfinden sie selbst.
Das Bild ist beim Eintritt in das Atelier Worb unübersehbar. Tritt man näher, öffnet sich der Blick auch auf ein Werk im andern Raum. Ruhig fliesst dort die Aare, das Ufer spiegelt sich im Wasser, gedeckte Farben. Die Zurückhaltung dieses Bildes kontrastiert heftig mit der Expressivität jenes andern.
In Daniela Camponovos Ausstellung «Spiegelungen» gibt es beides: Konturierte Darstellungen meist nackter Menschen, ausgesetzt, aus dem Bild drängend oder darin beschützt – und eher pastellfarbene, mit dem Hintergrund verbundene oder gar verschmolzene Sujets wie Blüten und Geäst oder – zwischen beiden – feine Darstellungen des Aareufers in sanfter Farbigkeit. Ein besonderes Bild zeigt die «Begegnung» Daniela Camponovos mit der verstorbenen österreichischen Malerin und Medienkünstlerin Maria Lassnig: Turnschuhe hier, nackte Füsse da.
Im Atelier Worb zeigt Daniela Camponovo ihr Schaffen der letzten zwei Jahre. Nach einer Kindheit und Jugend, die von Zeichnen und Malen geprägt war, und einer intensiven Berufszeit in Werbung und Kommunikation, verlangte der Bruch einer Beziehung vor zwölf Jahren den Bruch mit den Gewohnheiten. Malen war ihre Möglichkeit der Verarbeitung, des Gangs in die Tiefe ihrer Persönlichkeit, der Auseinandersetzung mit ihren unterschiedlichen Seiten, der Forschheit, der Schüchternheit, dem Bestimmten, dem Suchenden. Dem Malen im Atelier folgte – eine Mutprobe – 2012 die erste Ausstellung im Alten Loeblager, 2015 die Einzelausstellung in der Galerie Botania (Orangerie des Botanischen Gartens).
Seither folgt etwa jedes Jahr eine weitere Ausstellung. Jede verlangt Mut, sich zu zeigen, sich auszusetzen. Jede belegt eine weitere Etappe in der künstlerischen Entwicklung, technisch und thematisch.
Das jüngste Bild, das erste das man sieht, ist das auffälligste in der aktuellen Ausstellung, angedeutet, orange, bedrohlich. Daniela Camponovo weiss nicht, wie das Messer auf das Bild geriet. Sie weiss oft nicht, wie die Bilder so herauskommen, wie sie werden. So möchte sie weitermalen.