Ausgezeichnete Kunst im Kunstmuseum Bern

von Dorothe Freiburghaus 29. April 2013

Die Jury des Aeschlimann-Corti-Stipendiums muss sich in allen Ausdrucksweisen, allen Techniken und Materialien auskennen, um die zeitrelevanten Arbeiten auswählen und auszeichnen zu können.

Kunst ist Leitbild, Kritik und Spiegel unserer Gesellschaft. Kunst entsteht bei der Arbeit der Künstlerinnen und Künstler. Was dabei Form findet betrifft uns, das Publikum, die Gesellschaft.

Der Künstler erfüllt seine Aufgabe, für die er nicht angestellt ist. Er ist freischaffend und muss sehen, wie er sein Dasein fristet. Als Anerkennung der künstlerischen Arbeit leistet die Gesellschaft Stipendien, Wettbewerbe und hin und wieder einen Auftrag. Das Aeschlimann-Corti-Stipendium ist das bedeutendste private Kunststipendium im Kanton Bern (seit 1910). Umso mehr sind die Juroren massgebend. Sie müssen unter unzähligen Eingaben ihre Wahl treffen.

Ich erinnere mich an die Sechziger-Jahre: abstrakt musste damals die Kunst sein, sollte sie etwas gelten. Jahre später war Pop- und Minimal-Art gefragt. Beim nächsten Trend trafen wir Besucher auf Objekte und Environments – es gab keine Skulpturen mehr. Die Fotografie wurde neu entdeckt, gefolgt von den bewegten Bildern. Andächtig standen wir vor den ersten Videos. Installationen und Performances liessen alles Frühere überholt erscheinen. Und endlich in den neunziger Jahren gab es keinen neuen Trend mehr, dem die bernische Kunstwelt und die Juroren, die ja alle nicht von gestern sein wollten und also nicht ganz frei von Zwängen waren, huldigen mussten. Wohltuend die Öffnung, eine Öffnung, die heute auch in andere Sparten wie Wissenschaft, Ökonomie, Mathematik oder Psychologie führt. Die Arbeiten sprechen für sich. Fläche, Raum, Bewegung, Farbe und Licht, Ton und Sprache, direkter Einbezug des Publikums. Alles ist möglich.

Die Jury allerdings ist weit mehr gefordert. Sie muss sich in allen Ausdrucksweisen, allen Techniken und Materialien auskennen, um die zeitrelevanten, eigenständigen und auch berührenden Arbeiten auswählen und auszeichnen zu können. Noch dazu muss sie wirklich die Arbeiten beurteilen und nicht das Interesse des eignen Netzwerks in den Vordergrund rücken. Bei dem hohen Qualitätsniveau der gezeigten Arbeiten ist das eine äusserst anspruchsvolle Aufgabe.

Die Künstlerinnen und Künstler fiebern mit Hochspannung dem Entscheid entgegen. Was der Empfang eines Stipendiums ermöglicht und auslösen kann – im besten Fall sich ein Jahr lang ohne Überlebensjob nur seiner künstlerischen Arbeit zu widmen – können wir «Normalbürger» kaum nachempfinden.