Am vergangenen Samstag, 14.Februar 2015, begrüsste der Club Bonsoir eine äusserst ungewöhnliche Klientel: Die Bar- und Clubkommission Bern (Buck) hatte zusammen mit dem Verein «Pro Nachtleben Bern» zu einem Tag der offenen Clubtür geladen. Das Ziel: Ängste abbauen, informieren und den Diskurs um das Berner Nachtleben nach aussen tragen.
Wirtschaftlichkeitsstudie zum Nachtleben
Beim Betreten des Bonsoirs nachmittags um zwei hatten die Organisatoren die Tanzfläche bereits mit Stühlen zugestellt, so dass man sich auf den ersten Blick eher in einem Seminarraum als in einem Nachtclub wähnte. Einzig die farbige Deckenbeleuchtung erinnerte noch an das Doppelleben der Räumlichkeiten an der Aarbergergasse.
Zum Einstieg präsentierte Remo Sägesser, Präsident des Vereins «Pro Nachtleben Bern», eine Studie der Uni Bern. Vom etwas kurz geratenen Vortrag blieben einige wichtige Zahlen der Studie hängen: Zum Beispiel verzeichneten alle Betriebe des Berner Nachtlebens 2013 zusammen etwa 5,5 Millionen BesucherInnen. Dabei beträgt die Maximalkapazität pro Nacht 25’000 Personen. Auch bestätigte die Studie die gängige Meinung, dass die Clubs ihr Geld in erster Linie mit Getränken verdienen: Der Barbetrieb macht satte 85 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Keine rechtliche Sicherheit für Clubbetreiber
Nach dem kurzen wissenschaftlichen Abriss über das Berner Nachtleben leitete Sägesser zur Podiumsdiskussion über. Die fünf Kontrahenten, darunter Stadtpräsident Alexander Tschäppät, begnügten sich mit einem moderaten Schlagabtausch.
Für Stadtratspräsident Claude Grosjean ist das Problem um die schwindende Zahl an Nachtclubs ein Problem juristischer Natur. Die Diskussion um den rechtlichen Schutz (insbesondere den Schutz vor Lärmklagen durch AnwohnerInnen) machte dann auch den Grossteil der Diskussion aus. Insbesondere wurde bemängelt, dass das Gesetz nicht unterscheide, ob Club oder Anwohner zuerst da waren. Nach aktueller Gesetzeslage ist es möglich, direkt über einen Club zu ziehen, nur um dann eine Lärmklage einzureichen.
Als das Sitzfleisch nach zwei Stunden ein wenig schmerzte, beendete Sägesser den ersten Teil des Tages. Nun stand die Club-Safari an. Den BesucherInnen wurde die Möglichkeit geboten, geführt von Kulturjournalistin Gisela Feuz fünf Berner Nachtclubs zu besuchen und einen Blick hinter deren Kulissen zu werfen.
Den Anfang machte das Bierhübeli. Bei der Führung wurde nichts vorenthalten, weder der Technikraum, noch die Dusche der Künstler. Bereitwillig wurden alle Fragen beantwortet und man fütterte die Safarie-TeilnehmerInnen mit Informationen.
Trinken für einen guten Zweck
Die zweite Destination war das Deadend, alles andere als ein gewöhnlicher Club. Das Haus gegenüber des Hänkerbrunnens vereint eine schummrige Bar im ersten Stock mit dem Sleeper (Notschlafstelle) im zweiten. Tagsüber verwandelt es sich zu einer Gassenküche, in der man sich für wenig Geld verpflegen kann.
Das Deadend finanziert Sleeper und Gassenküche primär über die Einnahmen aus dem Barbetrieb. Wer also guten Gewissens einen über den Durst trinken will, der ist im Deadend an der richtigen Adresse. Für sein soziales Engagement hat der Sleeper 2014 den Sozialpreis der Stadt Bern erhalten.
Showtime im ISC und im Dachstock
Zwei Gehminuten weiter, auf einem Campus der Uni Bern, befindet sich der ISC. Dort durften die Safari-BesucherInen selbst an der Lichtsteuerung hantieren. Anschliessend führte man ihnen im Dachstock anhand verschiedener Musikrichtungen den Unterschied von 85 zu 100 Dezibel vor.
Weil die Empfindenskurve für auditive Reize nicht linear sondern exponentiell verläuft, hört sich der Unterschied deutlich markanter an als er sich liest. Trotzdem: Ein Konzert bei einer Lautstärke von 85dB sei schlicht nicht vorstellbar, erklärten die Dachstockbetreiber. Die atmosphärischen Einbussen wären schlicht nicht hinnehmbar.
Erfrischender Perspektivenwechsel
Der Tag der offenen Clubtür eignete sich hervorragend Berührungsängste abzubauen. Insbesondere für Aussenstehende wurde ein tiefer und ehrlicher Einblick ins Berner Nachtleben geboten. Schade ist indes, dass der Anlass nicht breiter beworben worden war, denn das Interesse der Bevölkerung für die Thematik ist vorhanden.