Basil Anliker aka Baze dürfte allen, die der Berner Musikszene in den letzten 20 Jahren auch nur einen Hauch Aufmerksamkeit geschenkt haben, ein Begriff sein. Der 38-Jährige, vom Lyrics-Magazin unlängst als Rap-Urgestein bezeichnet, veröffentlicht am 07. September nach «Bruchstück» (2017) sein zweites Album innerhalb von eineinhalb Jahren. Schenkt man Wikipedia Glauben, ist das sein 19. Album seit der ersten Platte «Amoklouf» (2001). Nach «Urgestein» klingt die neue Scheibe mit dem Namen «Gott» indessen nicht: Adjektive wie mutig und progressiv aber auch melancholisch beschreiben den Sound besser.
«Lug am Änd vom Läbe söttsch doch wenigstens chönne säge i hamer immerhin es paar Gedanke gmacht.» (Z’gmachte Bett)
Dabei ist diese Stilrichtung nicht unbedingt typisch. Baze tritt in verschiedenen Formationen auf, die alle anders klingen. Zusammen mit dem Rapper Elwont aka Jonny Bunko trippelt er unter dem Namen «Boys on Pills» seit 2007, avangardistisch und experimentell, über Electrobeats. Weitere Projekte zu denen Baze sich zählen darf, sind die Zürcher Rap-Formation «Temple of Speed» und natürlich «Chlyklass». Und spätestens seit den regelmässigen Auftritten mit der Coverband «Tequila Boys» dürfte auch klar sein, dass Baze nicht nur rappen, sondern auch singen kann. Die sechsköpfige Gruppe deckt alle Genres von Reggae bis Hard Rock ab.
«Duss zieh Männer ihri Ränze ii, rubble es Läbe lang Los u gwinne ä Zähner» (Gfrässä)
«Gott» ist da deutlich weniger divers. Melancholie und Langsamkeit sind die Motive, die den Sound charakterisieren. Nach Partytunes und Moshpit-Sound sucht man auf dem Album jedenfalls vergeblich. Schlussendlich sind die unterschiedlichen Tracks aber nur an der Oberfläche wirklich homogen, denn darunter pendeln die Sounds zwischen sphärischen Glöckchen-Synthesizer (Voruss) und trappigen Hi-Hats (Näbu). Gleichzeitig präsentiert sich «Gott» als in sich schlüssiges Werk, ohne nach irgendeiner Hand zu greifen oder irgendwem gefallen zu wollen. Diese Lockerheit spiegelt sich auch in den Tracks wieder. So wirken diese nicht überproduziert, die Vocals nicht übermassig gebackupt, der Sound insgesamt echt.
«Und I Narr ha gmeint i heigi ds haube Läbe verpasst wöu i duss bi ga rouche» (Voruss)
Die teilweise zentnerschweren Lyrics sind weniger einfach auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen als der Sound – und das soll an dieser Stelle auch gar nicht versucht werden. Klar ist nur, dass sie zusammen mit langatmigen Backgroundgesängen, minimalistischen Beats oder waberigen Bässen ein dickflüssiges Kondensat ergeben, das nach ungeteilter Aufmerksamkeit verlangt. «Gott» berieselt nicht, das Album erzählt Geschichten. Darauf muss man sich einlassen.