Atemberaubend! Intensivstationen im Alpinen Museum

von Dorothe Freiburghaus 18. Dezember 2012

Das Alpine Museum führt uns in der Ausstellung «Intensivstationen» in konzentrierter Form den realen Zustand unserer Alpen vor Augen.

Eine geniale Inszenierung der Ausstellung! In tiefen, schmalen, weissen Kojen wird unser Blick immer nur auf ein einziges Foto gerichtet. Wir werden gleichsam in den Couloir hineingezogen, um das Foto oder Video aus der Nähe zu betrachten. In dieser Konzentration wird uns der reale Zustand unserer Alpen vor Augen geführt. Immer nur ein einziges Foto, das die Wirklichkeit abbildet.

Mein Weg durch die Ausstellung beginnt mit einem leisen Beklommensein, wechselt in ein «das darf nicht wahr sein» und gipfelt in einem Entsetzen, einem Atem rauben, physisch und psychisch. Da finden Planierungsarbeiten in den Alpen statt, wir begegnen Baustellen von Pisten-Autobahnen, dem Schlagen von Pistenschneisen, Mondlandschaften an Abfall, dem Ausbaggern künstlicher Seen, um genügend Wasser für die Produktion von Kunstschnee zu haben.

Was geht da vor sich? Was tun wir? Wir zerstören mit viel Einsatz und hohen Kosten für eine winterliche Eventkultur und massentaugliche Freizeitindustrie unsere Lebensgrundlagen. Ein Umbau ganzer Landschaften in Vergnügungsstätten findet statt. Die Zerstörung unserer Alpen. Nein, so schlimm kann das ja gar nicht sein!

Auf der zweiten Etage begegnen wir in Bodenleuchtkästen verschiedenen Themen der Eventkultur in Schnee und Eis. Erste Szenerie: noch sind die Berghütten und –Restaurants gemütlich und in Ordnung. Szenenwechsel: Ein Blick in deren Keller zeigt uns die cleanen, computergesteuerten Getränkeanlagen mit Schläuchen und Messgeräten. Ein Messsystem für einen millilitergenauen Getränkeausschank. Szenenwechsel: die Invasionen von Freizeittouristen bringen unvorstellbare Mengen Abfall. Szenenwechsel: Die Gletscher-Schluss-Events der Wintersaison und die Weltmeisterschaften der Pyrotechnik, lassen nicht nur die Bergwelt erröten.

Als letzte Position der Ausstellung links und rechts je eine Grossaufnahme «Leichentücher». Die durch den Klimawandel verschwindenden Gletscher werden, wo Eis und Schnee Mangelware sind, mit weissen Plastiktüchern ergänzt. Eine Verzweiflungstat? Aber auch für unseren Wintersport.

Die präzisen Angaben der Örtlichkeiten machen die Realität brutal und greifbar. Nur – der Fotograf Lois Hechenblaikner ist Tiroler, die Fotos sind in den österreichischen Alpen entstanden. Da haben wir’s! Unsere Alpen sehen anders aus, da ist noch alles in Ordnung. Wir haben Naturschutz, Denkmalschutz und Heimatschutz. Jedoch: Lenk im Berner Oberland investiert in den nächsten Jahren Millionen – auch für einen Speichersee für eine Grossbeschneiungsanlage. Lenk ist nicht der einzige Ort. Und wenn schon! – Haben Sie Kinder?