Die Energiewende ist ein ambitioniertes, aber breit abgestütztes Ziel, das von der Schweizer Wahlbevölkerung mehrmals bestätigt wurde. Wenn es um die Umsetzung derselben geht, könnte im Raum Bern die Energiewendegenossenschaft (EWG) eine wichtige Rolle spielen. Niels Mahler ist Geschäftsführer der Genossenschaft und erklärt in seinem Büro in Ostermundigen die Idee dahinter: «Wir möchten ermöglichen, dass möglichst viel Strom mit Photovoltaik produziert wird. Unser Modell dazu ist der angeleitete Selbstbau.» Wer auf dem eigenen Dach gerne eine Solaranlage installieren möchte, kann sich bei der EWG melden. Diese organisiert einen Planer, der ein Konzept und eine Offerte erstellt. Anders als in anderen Fällen können die Interessierten aber gleich mit anpacken, indem sie gewisse Arbeiten auf ihrem Dach selbst erledigen. Den Rest übernehmen Fachleute. Zusätzlich erhalten alle, die bei sich eine Anlage installieren, Unterstützung von anderen Anlagebesitzenden. Dieses Prinzip funktioniert ähnlich wie eine Zeittauschbörse: Ich verpflichte mich, soviele Stunden bei anderen Anlagen zu arbeiten, wie mir bei meiner Anlage geholfen wurde. «Der Vorteil davon ist, dass die Menschen ihre eigene Anlage kennenlernen. Und auch der finanzielle Aspekt ist ein gewichtiger, so können die Kosten reduziert werden», erläutert Mahler.
Niels Mahler ist seit einem Jahr zu 40% als Geschäftsführer angestellt, er ist der einzige Festangestellte der Genossenschaft, die fast im ganzen Kanton Bern tätig ist. «Die Photovoltaik hat mich schon immer fasziniert», sagt er. Im Jahr 2015 absolvierte er den zweitägigen Solarkurs, den der Initiant der EWG, Syril Eberhart, anbot. Die Kosten für den Kurs liessen sich anschliessend direkt abarbeiten und so stiess Niels Mahler zu der Genossenschaft. Er habe damit sein Hobby zum Beruf gemacht, erklärt er sichtlich zufrieden.
Obwohl die EWG momentan viele Anfragen erhält, sind ihre Möglichkeiten aufgrund der Regionalität begrenzt. «Es macht nicht Sinn, dass wir von Bern aus nach Lausanne eine Anlage bauen gehen. Das würde diese unnötig verteuern.» Stattdessen setzt die Energiewendegenossenschaft darauf, dass ihre Idee von anderen übernommen wird. So existieren beispielsweise in Winterthur, Basel und in der Region Solothurn/ Aarau bereits Genossenschaften, die auf demselben Konzept beruhen. Seit die EWG vor einem Jahr den Berner Unternehmerpreis gewann, hat sich ihre Bekanntheit rapide gesteigert. «Ab diesem Moment erhielten wir Anfragen aus der ganzen Schweiz. So kam es, dass wir in diesem Jahr bisher kaum Werbung machen mussten», sagt Niels Mahler. Mit dem Verband unabhängiger Energieerzeuger (VESE) hat die Genossenschaft ein Handbuch zum Selbstbau von Photovoltaikanlagen erarbeitet. An einer nationalen Selbstbautagung in Olten am letzten November wurde dieses vorgestellt. Seither hat sich mit VESE und anderen Genossenschaften ein Austausch etabliert. Davon profitiere die EWG, wie Niels Mahler erläutert: «Durch diesen Austausch wird unsere Idee auch immer wieder hinterfragt, das nützt uns. Wir sind ja quasi open source und freuen uns über neue Inputs.»
Auch wegen des grossen Zuspruchs, den die EWG aktuell erfährt, stösst sie gelegentlich an ihre Grenzen, wie Niels Mahler berichtet: «Der gesamte Vorstand arbeitet freiwillig und mit meinem 40%-Pensum sind die Möglichkeiten begrenzt.» Man habe aktuell eine kritische Grösse erreicht, in Zukunft wolle man in kleinen Schritten weiter wachsen und sich auch im Raum Fribourg etablieren. Mahler fasst zusammen: «Vernetzen und Fundraisen würde uns helfen, wir suchen nach Wegen, um mehr zu machen. Wenn wir Unterstützung bei der Skalierung unserer Idee erhielten, wäre das toll. Nebst anderen Dienstleistungen stellt SIBA für uns ein Netzwerk zur Verfügung, daher ist es ein Glücksfall, dass ich an dem Anlass teilnehmen durfte.»