Als Architekt und Musiker gestaltete er Raum und Zeit

von Christoph Reichenau 26. April 2023

Nachruf Am liebsten sei er mit Musikern zusammen, sagte Franz Biffiger einmal, das sei eine andere Welt. Nirgends sei Teamarbeit so zentral wie beim Spielen von Jazz.

Er war ein Teamplayer durch und durch, fast in allem was er tat: Franz Biffiger. Schon jung erhielt er Klavierunterricht und früh wandte er sich dem Jazz zu. Parallel zum Architekturstudium an der ETH lebte Biffiger musikalisch im Jazz in vielen Formationen. Mit Heinz Bigler, Umberto Arlati, Isla Eckinger und Tony Hostettler unterrichtete Biffiger ab 1967 an der neu gegründeten Swiss Jazz School, die zum Coop Freizeitwerk gehörte. Wenig später wandelte sich die im Eiger-Hochhaus beheimatete, europaweite Pionierschule in eine allgemeine Abteilung sowie die Berufsschule. Franz Biffiger kümmerte sich um sie als Lehrer und später als Präsident des Trägervereins bis 2013.

Prakisch gleichzeitig mit dem Einsatz in der Swiss Jazz School schloss sich Biffiger mit Kurt Aellen, Daniel Reist, Urs Hettich und anderen zur ARB zusammen, der Arbeitsgruppe für rationelles Bauen. ARB baute das Freie Gymnasium in Bern, die Siedlung Merzenacker, die Hintere Aumatt in Wohlen, erweiterte die Schanzenpost. Und Partner von ARB entwickelten später als Kantonsbaumeister (Hettich) und Stadtplaner (Reist) Planung und Bauen in grösserem Massstab weiter. Die Zusammenarbeit von Daniel Reist und Stadtratsmitglied Franz Biffiger (ab 1972) führte über dessen Motion 1975 zum Nutzungszonenplan Bern 1975, einem Pionierwerk der Stadtplanung.

Biffiger wechselte in den 1980er Jahren in den Grossrat und war dort 17 Jahre aktiv. In dessen SP-Fraktion nahm er zusammen mit Bernhard Stirnemann wesentlich Einfluss auf die kulturelle Bildung. Sie erstritten die Subventionierung der Musikschulen im Kanton Bern, die heute gesetzlich verankert ist.

Engagiert ohne Verbissenheit; zuweilen grantig und sarkastisch, ohne verletzende Giftpfeile; ehrlich und offen, klar und deutlich – das war Franz Biffiger.

Beruflich, wenn die Unterscheidung bei Biffiger je zutraf, engagierte sich der Architekt im Schweizer Werkbund (SWB), wo er versuchte, die ursprünglich revolutionäre Idee der guten Form von Möbeln zu erweitern auf eine gesamtgesellschaftliche Vorstellung. Und er wirkte mit im Bund der Schweizer Architekten BSA.

Im Zusammenhang mit dem SWB lernte Franz Biffiger die Soziologin Ellen Meyrat-Schlee kennen, die seine zweite Ehefrau wurde.

Umtriebig, ohne sich zu verzetteln; engagiert ohne Verbissenheit; zuweilen grantig und sarkastisch, ohne verletzende Giftpfeile; ehrlich und offen, klar und deutlich – das war Franz Biffiger. Als Architekt gestaltete er den Raum, wie er sagte, als Musiker die Zeit. Als sozialdemokratischer Politiker, fügen wir bei, arbeitete er an der Vorstellung eines besseren Lebens für alle. Für ihn, so nahm man es wahr, war das Klavierspiel, oft die Sängerin Sandy Patton begleitend, eine Erfüllung, seine «andere Welt». In diese ist er jetzt eingegangen.