Job: Chef der Direktion für Finanzen, Personal und Informatik
Familienstand: verheiratet
Anstellungsgrad: 100 Prozent plus X
Anstellungsgrad der Ehefrau: 50 Prozent
Kinder: Adrien (12) und Léon (6)
Kinderbetreuung: Der jüngere Sohn besucht die Französische Schule, der ältere hat ins Berner Schulsystem gewechselt.
Wie oft sehen Sie Ihre Söhne?
Alexandre Schmidt:
Jeden Tag, ganz sicher. Die Frage ist: Sehe ich sie am Abend? Und da ist die Antwort: Nein, zumindest nicht immer. Sehe ich sie über den Mittag? Nein, denn sie gehen in die Tagesschule. Aber ich stehe mit ihnen auf, frühstücke mit ihnen und bringe sie dann und wann zur Schule. Ich habe deshalb in meiner Direktion durchgegeben, dass es bei mir keine Sitzungen um sieben Uhr morgens gibt. Ich möchte die Kinder wecken und sie wenigstens am Morgen sehen.
Welche Zeiten haben Sie noch für die Familie reserviert?
Samstag und Sonntag gehören den Kindern. Ausserdem machen wir klar mehr als vier Wochen gemeinsame Ferien. Ich versuche zu schauen, dass es für alle gut aufgeht. Ich habe mir vorgenommen, öfter zum Abendessen daheim zu sein, als während des Wahljahrs 2012. Einen Abend in der Woche will ich zuhause verbringen. Meine Kinder sind nun etwas grösser und gehen nicht mehr so früh ins Bett.
«Das funktioniert nur, weil meine Frau Teilzeit arbeitet.»
Alexandre Schmidt, Finanzdirektor und Vater
Wie sieht Ihr Alltag mit den Kindern aus?
In den letzten Jahren habe ich oft die Kinder in die Krippe, den Kindergarten oder die Schule gebracht. Meine Frau konnte so früher zur die Arbeit gehen und die Kinder am Abend abholen. Aber das funktionierte nur, weil meine Frau Teilzeit arbeitete. Daneben hatten wir eine ältere, pensionierte Dame, die uns auch heute noch hilft. Aber jetzt sind die Kinder grösser und in der Schule – da sind eher die langen Ferienzeiten ein Problem und es braucht eine gute Organisation.
Bringen Sie Ihre Kinder jetzt auch in die Schule?
Bisher habe ich es noch nicht gemacht, aber die eine Schule ist gleich in der Nähe. Sie beginnt um 8.30 Uhr, deshalb werde ich es nicht immer schaffen, aber es wird grundsätzlich gehen. Ich will meinen Beitrag in der Familie leisten. In den ersten sechs Monaten meines Amtes wird es allerdings vielleicht nicht möglich sein.
«Im Krankheitsfall hätten wir ein Problem, dann müssten wir ad hoc schauen.»
Alexandre Schmidt, Finanzdirektor und Vater
Der Familienalltag klappt so lange, bis jemand krank wird – was macht Familie Schmidt dann?
Dann hätten wir ein Problem. Wir müssten ad hoc schauen, was wir machen können. Die Grosseltern leben nicht in der Nähe. Natürlich sind die Kinder mal krank. Aber wir achten sehr darauf, dass sie im Winter immer warm angezogen sind, und beugen mit Vitaminen vor. Die Kinder essen viele Kiwis. Und ich impfe mich jedes Jahr gegen die Grippe, damit ich wenigstens gesund bin, wenn die Familie krank ist, und ich helfen kann.
Könnten Sie beruflich im Krankheitsfall kürzertreten?
Ich glaube nicht. Da müssten wir privat eine Lösung finden.
Wann machen Sie Feierabend?
Das ist unterschiedliche. Mein Amt hat gerade erst begonnen und die Agenda füllt sich rasch. Tagsüber erfülle ich eher Managementaufgaben, am Abend lese ich dann Dossiers, entweder daheim oder ich gehe wieder ins Büro und ziehe bis Mitternacht durch. In den späten Stunden kann ich am besten arbeiten und ich bin auch effizienter. Das entspricht meinem Biorhythmus.
Und Ihre Frau macht das mit?
Bis jetzt liebenswürdiger Weise ja. Und auch die Kinder. Aber ich frage mich schon manchmal, ob ich dereinst etwas bereuen werde oder mir meine Kinder Vorwürfe machen werden.
«Ein schlechtes Gewissen kennen sicher viele Eltern, die arbeiten und ihr Kind in eine Kita geben.»
Alexandre Schmidt, Finanzdirektor und Vater
Würden Sie sagen, Sie haben etwas verpasst?
Ich war fast sieben Jahre persönlicher Berater eines Bundesrates. Ich habe ihn an alle externen Veranstaltungen begleitet und hatte eine fremdbestimmte Agenda. Auch als Leiter der Alkoholverwaltung hatte ich viele Termine. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, aber es plagt mich noch nicht. Diesen Konflikt kennen sicher viele Eltern, die arbeiten und ihr Kind in eine Kita geben. Es ist ein täglicher Gedanke. Familie und Berufsleben in eine gute Balance zu bringen ist eine der Herausforderungen dieses Amtes.
Können Sie zugunsten der Familie, der Kinder auf Termine verzichten?
Ich habe das bereits konsequent gemacht und Nein gesagt zu Terminen am Freitagabend und an den Wochenenden.
Wie liesse sich das Exekutivamt familienfreundlicher gestalten?
Wenn die Abendtermine nicht wären, wäre das schon eine grosse Hilfe. Allerdings verstehe ich, dass viele Verbände ihre Anlässe abends abhalten. Gewisse Parteisitzungen könnten dagegen gut auch über Mittag stattfinden. Und ich würde es begrüssen, wenn die 90-minütige Pause im Stadtrat abgeschafft würde – lieber konzentriert durcharbeiten.
Wie wäre es mit kürzeren Voten?
Ach, die Demokratie braucht Zeit, da ärgere ich mich nicht, wenn es länger dauert. Aber eine Sitzung muss nicht schon nach zwei Stunden für 90 Minuten unterbrochen werden. Man könnte zum Beispiel Sandwiches anbieten und nach einer Viertelstunde weitermachen. Ich bin sicher, dass diejenigen Stadträtinnen und Stadträte, die ebenfalls beruflich voll ausgelastet sind, sofort zu diesem Vorschlag Ja sagen würden. Lieber weniger Sitzungen, dann aber konzentriert.
Das Thema beschäftigt Sie ziemlich …
Ja. Ich habe bereits den Stadtratspräsidenten Ruedi Friedli gebeten, thematisch verwandte Traktanden doch zusammen in einer Sitzung zu diskutieren. Dann haben wir vielleicht eine längere Debatte, aber dafür mehrere Vorstösse vom Tisch. Wenn wir Themen bündeln, ist auch die Aufmerksamkeit besser.