Politik - Meinung

Abstimmungsbotschaft unterschlägt Informationen

von Christoph Reichenau 31. Mai 2023

Abstimmungen Kein Ausgleich der Teuerung bei Bühnen Bern, Abbau von Stellen, Reduktion des künstlerischen Angebots, das ist die Wahrheit. Das Abstimmungsbüchlein der Stadt spiegelt dagegen eine heile Welt vor.

Am 18. Juni stimmen wir in Bern unter anderem ab über die Betriebsbeiträge an Bühnen Bern für die Jahre 2024-2027. Vor ein paar Tagen lag die Botschaft des Stadtrats an die Stimmberechtigten im Briefkasten. Die Aussagen zur grössten Kultureinrichtung der Stadt und des Kantons entsprechen nicht den Tatsachen und verschweigen für die Stimmenden wichtige Wahrheiten.

Wer die knappen zwei Seiten 66 und 67 im städtischen Abstimmungsbüchlein liest, muss denken, es würden neu in erster Linie Löhne erhöht, um 3% beim technischen Personal und um 5% beim Berner Symphonieorchester. Die Erhöhung bei der Technik ist dabei der teilweise Nachvollzug dessen, was vor vier Jahren nicht möglich war – also im Grund keine Erhöhung, sondern die Verhinderung der sich weiter öffnenden Schere (Journal B berichtete).

Die Löhne des BSO steigen um keinen Franken, hingegen müssen die Musiker 5% weniger arbeiten. Im Portemonnaie spüren sie nichts, die Löhne wurden seit den 1980er Jahren real nie angehoben. Mit den nur schwer planbaren 5% weniger Einsatzzeit im BSO können die Musikerinnen und Musiker nur schwer zusätzliche Einnahmen verdienen.

Es ist zynisch, davon im Abstimmungsbüchlein nichts zu schreiben.

Und im Lauf der kommenden Jahre wird das künstlerische Angebot um rund einen Fünftel verringert (3 Symphoniekonzerte in doppelter Aufführung und eine Opern-Inszenierung weniger, insgesamt fast ein Fünftel weniger Kunst). Dies wird auch zum Abbau von 10 Stellen im technischen Bereich führen.

Kein Wort zu lesen ist zu dem, was die ganze Schweiz beschäftigt: die Teuerung. Die Revision des städtischen Personalreglements sieht vor, die Löhne der städtischen Angestellten automatisch der Teuerung anzupassen, um deren Kaufkraft zu erhalten. Soll die Anpassung ausgesetzt werden, weil sich die Stadt in einer ausserordentlich schwierigen finanziellen Lage befindet, müssen die Sozialpartner ihr Einverständnis dazu geben. Eine ausgesetzte Teuerung muss neu ausgeglichen werden, sobald es die finanzielle Lage der Stadt erlaubt.

Journal B unterstützen

Unabhängiger Journalismus kostet. Deshalb brauchen wir dich. Werde jetzt Mitglied oder spende.

Nichts davon beim Personal von Bühnen Bern. Die Teuerung wurde letztmals 2011 ausgeglichen. Und gemäss neuer Leistungsvereinbarung ist ein Ausgleich während der kommenden vier Jahre ausgeschlossen. Das ist unverständlich. Zynisch ist jedoch, davon im Abstimmungsbüchlein nichts zu schreiben.

Der Intendant von Bühnen Bern hat gegenüber der Leiterin von Kultur Stadt Bern sein Unverständnis über diese verfälschte Darstellung gegenüber den Stimmberechtigten geäussert.