«Ein wichtiger Meilenstein ist mit der Variantenwahl erreicht», sagte die Berner Baudirektorin Barbara Egger an der Medienkonferenz zur Zukunft des Bahnhofs Bern (ZBB). Tatsache ist aber, dass die Stunde der Wahrheit für die Berner Bahnhofplanung noch bevorsteht: Auf Bundesebene im Kampf um Geld. Egger zeigt sich zuversichtlich: «Unsere Chancen stehen gut, weil wir ein gutes Projekt haben.»
Genau da ist die Achillesferse des Berner Projekts: Es besteht im Hauptteil aus einem Ersatz-Kopfbahnhof mit vier Geleisen für einen bestehenden viergleisigen Schmalspurbahnhof. Die RBS ist zwar nicht irgendeine Schmalspurbahn, sondern das effizienteste, vielgenutzte Glied der Berner S-Bahn. Aber: 520 Millionen für den Ersatz eines Kopfbahnhofs ohne wesentliche zusätzliche Verkehrsleistung? Da stellt sich unweigerlich die Frage nach der Kosten-Nutzen-Relation.
«Unsere Chancen stehen gut, weil wir ein gutes Projekt haben.»
Barbara Egger, Baudirektorin
Diese Frage ist nicht neu. Als das ZBB-Leitorgan ihr Projekt 2008 in der ersten Version mit Gesamtkosten für die erste Etappe von rund einer Milliarde vorstellte, wurde Kritik laut, die Kosten seien unverhältnismässig. Eggers Partner: die SBB, BLS, RBS, die Post und die Stadt Bern standen zwar stramm hinter dem Projekt. Aber die Bundesbehörden hatte Egger eine Zeit lang nicht unter Kontrolle halten können: Das Verkehrsdepartement (Uvek, damals noch unter Bundesrat Moritz Leuenberger und mit Generalsekretär Hans Werder an der Spitze der Verwaltung) stellten unbequeme Fragen. Bundesparlamentarier, zum Beispiel der Tessiner SP-Nationalrat Fabio Pedrina und der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, verlangten eine Expertise. Monatelang hatte sich die Baudirektorin vehement dagegen gewehrt, dass ihr da jemand dreinreden könnte. Schliesslich musste sie einem Auftrag an ETH-Professor Ulrich Weidmann für eine Gutachten zustimmen. Als Weidmann dann im Frühjahr 2009 in seiner Expertise zum Ergebnis kam, das RBS-Projekt habe zu hohe Kosten und einen zu geringen verkehrspolitischen Nutzen schien das ZBB-Projekt tot.
Aber Barbara Egger liess sich nicht unterkriegen: Mit eiserner Faust hielt sie ihre Partner hinter dem RBS-Projekt zusammen. Zwei Jahre lang liess das ZBB-Leitorgan viele Varianten prüfen. Aber wirklich andere Ideen, die das RBS-Konzept hätten in Frage stellen können, wurden stets an den Rand geschoben.
Ersatz des RBS-Bahnhofs ist gleich geblieben
Eine Überraschung ist es deshalb nicht, dass jetzt am Schluss ein Projekt präsentiert wurde, das in der ersten Etappe grundsätzlich dem entspricht, was man 2008 schon vorgeschlagen hatte. Baudirektorin Egger sagte an der Medienkonferenz, das neue Projekt habe mit den Plänen von 2008 «nicht mehr viel zu tun». Das stimmt nur für die zweite Etappe des Ausbaus der Normalspur. In der ersten Etappe soll unter der SBB-Geleisehalle ein RBS-Kopfbahnhof gebaut werden, als Ersatz für den alten Kopfbahnhof. Das neue Projekt ist rund 200 Millionen billiger als 2008, vor allem deshalb, weil die damals vorgesehene Verlängerung Richtung Inselspital nicht gebaut wird. 2008 hatte es geheissen, Stumpengeleise gegen Westen seien nötig, um ankommende Züge temporär wegstellen zu können. Jetzt braucht man das nicht mehr. Mit den Geleiseverlängerungen Richtung Insel hatte man 2008 auch versprochen, dass die RBS später einmal über den Hauptbahhof hinaus Richtung Westen weiterfahren könnte. Gutachter Weidmann hatte solche Vorinvestitionen in eine ferne Zukunft als verkehrspolitisch nicht sinnvoll bezeichnet. Im neuen Projekt wird jetzt offiziell ein reiner Kopfbahnhof gebaut. Allerderdings liess man Gemeinderätin Regula Rytz an der Medienkonferenz doch wieder diskret anmerken, ein Vorteil der gewählten Variante sei die Möglichkeit, später einmal Richtung Inselspital weiter zu fahren.
So erinnert der Planungsprozess in Sachen RBS-Tiefbahnhof an die Mauscheleien in der Planung des Lötschberg-Basistunnels: Da hatte das Volk einmal ein Projekt mit zwei Geleisen, neuen Zufahrtsstrecken und einem Autoverlad Heustrich-Gampel als Rawilersatz genehmigt. Als der finanzielle Verteilkampf mit dem Gotthard dann dann richtig ernst wurde, speckte man die Lötschbergroute ab: Grösstenteils nur noch eingleisig, keine neuen Zufahrtstunnels, kein Autoverlad mehr. So abgemagert brachte man den Neat-Tunnel am Lötschberg durchs Parlament und durch die zweite Volksabstimmung.
Kaum wurde gebohrt, kamen die Stimmen wieder, ein eingleisiger Hochleistungstunnel sei Unsinn. Schon bald werden hunderte Millionen für den Vollausbau auf den Bund zukommen. Beim Lötschbergtunnel wird das toleriert. Er ist ein Riesenerfolg. Ob die Lötschberg-Methode beim Tiefbahnhof für die RBS auch klappt? Wenn der Bund zahlt, wird man sich bald einmal über den grossen Bahnhof für die kleine Bahn freuen und die Kosten vergessen. Aber wenn der Bund am Schluss finden sollte, Luzern brauche einen nationalen Tiefbahnhof und in Bern liessen sich die RBS-Probleme auch billiger lösen, stünde man vor einem Scherbenhaufen.