Abbruch oder Aufbruch auf dem Medienplatz Bern?

von Willi Egloff 22. November 2021

Seit genau 30 Jahren, immer kurz vor dem Zibelemärit, treffen sich Journalistinnen und Journalisten aus Bern zu einem Berner Medientag. Angesichts der schwierigen Situation auf dem Medienplatz Bern gab es dort in den letzten Jahren wenig Erfreuliches zu hören. Diesmal sprach man im Titel immerhin wieder von «Aufbruch».

Die Medienlandschaft in Bern ist im Umbruch: Die Lokalredaktionen von «Bund» und «BZ» sind zusammengekürzt und fusioniert worden, die beiden Zeitungen beliefern ihre Leserschaft in Zukunft mit den gleichen Inhalten. Aus dem Radiostudio an der Schwarztorstrasse sind über 70 Personen ausgezogen. Sie haben SRF entweder verlassen, oder sie arbeiten neu in Zürich. Viele Journalistinnen und Journalisten dieser beiden Medienhäuser haben ihre Stellen auch freiwillig aufgegeben. Es war wohl kein Zufall, dass die vom Medienjournalisten Nick Lüthi moderierte Veranstaltung mit einem kurzen Porträt von Priska Dellberg begann, welche ihre Stelle beim Regionaljournal Bern-Freiburg-Wallis aufgegeben und eine eigene Kommunikationsfirma gegründet hat.

Was die Platzhirsche planen…

Simon Bärtschi und Lis Borner, die auf einem ersten Podium die fusionierte Tamedia-Zeitung und Radio SRF vertraten, verbreiteten auch keinen wirklichen Optimismus. Simon Bärtschi freute sich über den weitgehend störungsfreien Vollzug der Redaktionszusammenlegung, Lis Borner verbuchte als Erfolg, dass wenigstens ein Teil der Stellen im Radiostudio erhalten blieben. Für beide war aber auch klar, dass die Zukunft fast nur weiteres Unheil bringen könne: Sie rechnen mit weiteren Sparrunden, die auch mit einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen verbunden sein werden.

Etwas positiver klang dagegen der Verleger Fredy Bayard, der zuerst die Oberwalliser Medien «Walliser-Bote» und «Radio Rottu» gekauft und nun auch den Bieler Gassmann Verlag mit dem «Bieler Tagblatt», «Canal 3» und diversen weiteren Medien übernommen hat. Er ist überzeugt, dass seine beiden Verlage dank der Monopolstellung dieser Medien in den jeweiligen Verbreitungsgebieten wirtschaftlich durchaus überlebensfähig sind. Gefährlich könnte es für ihn nur werden, wenn die Medienkonzerne TX Group AG oder CH Media AG mit ihren Mantelzeitungen und Regionalfernseh-Verbünden auch in diese Gebiete vordringen würden.

Der Verantwortliche für die Radioprogramme der CH Media AG, Nicola Bomio, erläuterte schliesslich die Pläne seines Hauses, welchem TeleBärn gehört und welches vor einiger Zeit auch Radio Bern 1 erworben hat. Die Strategie zielt auf einen hausinternen Medienverbund in der Deutschschweiz, in welchem Ketten aus regionalen Radio-, Fernseh- und Online-Plattformen gemeinsame Unterhaltungsangebote produzieren, die durch Werbung finanziert werden. Lokale und regionale Information werden dabei nur noch einen sehr untergeordneten Stellenwert haben.

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Unklar ist allerdings, inwiefern solche Angebote mit den Anforderungen für die Verbreitung lokaler und regionaler Information vereinbar sind, wie sie in den jeweiligen Konzessionen enthalten sind. Schon heute muss sich CH Media in Aufsichtsverfahren rechtfertigen, welche das Bundesamt für Kommunikation gegen verschiedene seiner Sender, darunter auch TeleBärn, wegen Nichteinhaltung der Konzessionsauflagen eingeleitet hat. Bomio schloss denn auch die Möglichkeit nicht aus, in Zukunft auf solche Konzessionen und damit auch auf den damit verbundenen Anteil an Gebührengeldern zu verzichten.

…und was sonst noch läuft

In einem zweiten Podium unter dem Titel «Neues erschaffen» sollte es dann um den erhofften Aufbruch auf dem Medienplatz Bern gehen. Dazu wurden drei Medienprodukte nebeneinander gestellt, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Das seit 30 Jahren bestehende «Megafon», ein monatlich erscheinendes Printprodukt aus der Reitschule, das in Freiwilligenarbeit erstellt wird. Die seit wenigen Jahren bestehende und ebenfalls auf Milizarbeit beruhende Plattform «Baba News», laut Eigenwerbung «ein Online-Magazin für Šhvicer*innen mit Wurzeln von überall», das in unregelmässigen Abständen Video- und Textbeiträge produziert und dessen einziger Bernbezug darin besteht, dass sich die Redaktion zufälligerweise in Bern befindet. Und schliesslich die Online-Zeitung «Hauptstadt», die es bekanntlich erst als Projekt gibt, die aber ab dem nächsten Frühjahr von einer kleinen Zahl bezahlter Redaktorinnen und Redaktoren betrieben werden soll.

Angesichts solcher Disparität musste sich die Diskussion weitgehend darauf beschränken, die Projekte eines nach dem andern vorzustellen. Das erlaubte zwar das eine oder andere Schlaglicht, konnte aber kaum ein aktuelles Bild des «Umbruchs auf dem Berner Medienplatz» verschaffen. Dazu hätte man wohl auch grössere lokale Medienprodukte wie die Berner Kulturagenda, den Berner Bär, das Onlineportal nau.ch oder Radio RaBe in den Fokus nehmen müssen.

Auf diese Lücke im Konzept der Veranstaltung wies wie beiläufig schon der Chansonnier Rolf Marti hin, der den Medientag mit einer launigen Musikeinlage eröffnete: Er forderte die Organisatorinnen und Organisatoren auf, seine Gage zu je einem Drittel Radio RaBe, dem Journal B und der Hauptstadt zu überweisen…