«A Single Rose Can Be My Garden… A Single Friend, My World»

von Raff Fluri 28. Oktober 2021

Ende Oktober werden die Tage kürzer und kälter. Die allerletzten Zugvögel versammeln sich, um gemeinsam nach Süden zu ziehen. Mitunter sind auch schräge Vögel dabei. So geschehen in unserem monatlichen Berner Kurzfilm.

Um die Freundschaft zwischen zwei schrägen Vögeln geht es im Kurzfilm von Nils Hedinger. Der Titel «A Single Rose Can Be My Garden… A Single Friend, My World» sagt eigentlich schon alles: In Form einer Diaschau werden die Erinnerungen an eine ungewöhnliche Freundschaft geweckt.

Eine Freundschaft bedeutet geben und nehmen. Was passiert, wenn das Gleichgewicht zwischen beidem nicht mehr stimmt, zeigt die Geschichte der beiden Protagonisten.

Die Ausgangslage für die Filmidee war eine ziemlich pragmatische Überlegung. Nils Hedinger fragte sich, wie es sich wohl anfühlen würde, eine Gans auf dem Kopf zu beherbergen. Einerseits könnte dies gemütlich sein, da man immer Wärme und Gesellschaft hat, andererseits hat eine Gans wahrscheinlich eine andere Vorstellung davon, wie dieses Zusammenleben aussehen könnte. «Die Tier- und Pflanzenwelt bietet einen riesigen Fundus an interessanten Figuren und Geschichten» schwärmt Hedinger, dessen Filme oft tierische oder pflanzliche Darsteller haben. «Besonders für den Animationsfilm, in dem Tiere problemlos zu menschlichen Akteuren gemacht werden können.»

Nils Hedinger mag Filme, die auffällig sind und mit der Form eine neue Ebene einbringen. So erinnert die Art einer bewegten Diashow ans Betrachten von Fotos aus vergangenen Zeiten, die beim Betrachter Erinnerungen wachrufen. Die als Schrifttafeln eingeblendeten Zitate entstammen allesamt aus dem Internet, dem dort beliebten Genre der «positiven, inspirierenden Lebensweisheiten in schnörkeliger Schrift vor kitschiger Landschaft»-Posts, wie er selber sagt.

Aus «A Single Rose Can Be My Garden… A Single Friend, My World», 2020

 

Der Film entstand in nur zwei Wochen und ohne grosse Vorbereitung, Planung oder Storyboard. Es war ein kleines Spass-Projekt, um sich während dem langwierigen Prozess der Film-Finanzierung für ein anderes Projekt bei Laune zu halten, erinnert sich Hedinger. Es scheint gewirkt zu haben, denn bei dem anderen Projekt handelte es sich um den Kurzfilm «Kuap» – eine gelungene Kombination aus Real- und Animationsfilm – der auf zahlreichen Festivals lief und von dem wir bereits einen Ausschnitt auf Journal B vorgestellt haben.

Der in Bern geborene Nils Hedinger hat an der HSLU in Luzern Animation studiert. Seither arbeitet er als selbstständiger Filmemacher, Illustrator und realisiert seine eigenen Projekte, darunter vorwiegend Kurzfilme. «Ich mag die Freiheiten beim Herstellen eines Kurzfilms, und auch die Absehbarkeit der Fertigstellung», erklärt er.

Mit «Timber» gewann Hedinger 2015 den Schweizer Filmpreis als «Bester Animationsfilm» und war international an über hundert Festivals präsent. Ein Film, der gut in die bevorstehende, kalte Jahreszeit passt:

Zur Zeit arbeitet Nils Hedinger an einem Kurzfilm über das Geschichtenerzählen, das den Mensch zu dem gemacht hat, was er heute ist. Auf seiner bunten und abwechslungsreichen Website gibt es viel zu entdecken.