Und weiter geht es mit Eduardo Arroyo

von Beat Sterchi 8. Juni 2016

Wenn man in Bern über den Rathausplatz geht, muss man aufpassen, dass man nicht mit einem Regierungsrat oder einer Regierungsrätin zusammenstösst.

Gerade jetzt ist wohl wieder Session, denn auf dem Rathausplatz wimmelt es von Regierungsräten und Regierungsrätinnen, die viel zu tun haben, die in Eile sind und es gar nicht schätzen, wenn man ihnen im Weg steht oder ihnen diesen sogar versperrt, möglicherweise noch mit ihnen zusammenstösst.

Auch Grossräte und Grossrätinnen haben viel zu tun und eilen entsprechend hastig den Mani-Matter-Stutz hinunter in die Rathausgarage.

Bloss die drei Männer bei der Bank etwas weiter unten in der Schüttipromenade, die haben es nicht eilig. Einer kauert auf dem Boden und baut sich auf der Bank gerade einen Joint, einer wühlt in dem Abfallkübel und einer kontrolliert mit trägem Blick, ob der, der da kommt, eventuell ein Störfaktor sein könnte.

Ich bin kein Störfaktor! will ich rufen. Und: Aber ihr seid keine Augenweide!

Aber im Vorbeigehen sehe ich, dass alle drei einen grossen, unsichtbaren Hammer bei sich haben, mit welchem sie die Zeit totschlagen. So brutal langsam tun sie das, dass ich schon auf dem Langmauerweg bin und die Zeit jault noch immer wie ein geschlagener Hund unter den gnadenlosen Schlägen.

Auf dem Altenbergsteg kommt mir dann mit forschem Schritt eine Frau in Begleitung von zwei Männern entgegen. Ihre Schritte hallen laut auf den Planken. Als wir uns kreuzen, höre ich, wie die Frau in «richtigem» Deutsch entschuldigend sagt: Nur muss man natürlich über den Fluss irgendwo!

Über den Fluss? Natürlich drehe ich mich um, will ihr nachrufen, das sei nicht einfach der Fluss, bitte schön, das ist die Aare! Aber da sehe ich, wie die beiden Männer die Frau packen und mit vereinten Kräften ho ruck über das Brückengeländer in die hohen, vom Regen braunen Fluten schleudern.

Das stimmt natürlich nicht, hier in diesem Blog kann es ja nicht auch noch um das Erfinden unwahrscheinlicher Mordgeschichten gehen. Umso mehr, als mich auf diesem Spaziergang der Tod beschäftigte. Der wirkliche Tod! Der wirklich tödliche Tod! Nicht der zu Unterhaltungszwecken erfundene und ebenso unermüdlich wie unablässig inszenierte Scheintod.

Wie könnte ich mich aufregen über diese Leute, die noch immer jedem schlechten Schauspieler eine Pistole in die Hand drücken! Nur damit etwas passieren kann, damit eine Geschichte entsteht, weil sie nicht fühlen, dass der Tod schon da ist! Dass es ihn gibt! Dabei ist er wirklich da, wartet auf jeden von uns und als würde nicht schon überall genug gestorben! Überall und auch in nächster Nähe!

Und was hat Eduardo Arroyo damit zu tun?

Sein dem englischen Kultspieler Jeff Astle gewidmetes Werk ist zwar ein bemerkenswertes kleines Fussballbild, handelt aber auch vom Tod. Es entstand 2002 als Astle auf Grund von Hirnschäden plötzlich zusammenbrach und starb. Möglicherweise an seiner einstigen Kopfballstärke.

Zu sehen ist es gegenwärtig an der eindrücklichen Arroyoausstellung im Kunstmuseum Thun.